Muskelschwund

Früherkennung einer schweren vererbbaren Nervenerkrankung beim Neugeborenen-Screening

Antrag vom 27.08.2018

Letzte Änderung 17.12.2020

Originaltitel: Bewertung eines Neugeborenen-Screenings auf Spinale Muskelatrophie gemäß § 135 Abs. 1 i. V. m. § 26 SGB V

Unterausschuss Methodenbewertung

Stand des Beratungsverfahrens

  • 17.12.2020: Beschluss des G-BA zur Aufnahme der Spinalen Muskelatrophie (SMA) in das erweiterte Neugeborenen-Screening (ENS)
  • 30.10.2020: Vorbericht IQWiG
  • 13.12.2018: Beauftragung IQWiG, Bewertung eines Neugeborenen-Screenings auf 5q-assoziierte Spinale Muskelatrophie
  • 22.11.2018: Beschluss des G-BA über die Einleitung des Beratungsverfahrens
  • 27.08.2018: Antrag der Patientenvertretung nach § 140f SGB V auf Bewertung eines Neugeborenen-Screenings auf Spinale Muskelatrophie gemäß § 135 Abs. 1 i. V. m. § 26 SGB V

Hintergrund

Die Spinale Muskelatrophie (SMA) ist eine genetisch vererbbare Nervenerkrankung. Sie ist die häufigste genetisch bedingte Todesursache bei Säuglingen und Kleinkindern. Bei der Erkrankung werden Nervenzellen abgebaut, welche die Muskeln steuern. Mit ihrem Rückgang können Impulse vom Gehirn nicht mehr an die angeschlossenen Muskeln gelangen. Dies führt zu einer schweren, fortschreitenden Schwäche und Schwund (Atrophie) der abhängigen Muskulatur. Typischerweise äußert sich die SMA durch die Unfähigkeit, motorische Meilensteine zu erreichen, wie beispielsweise das Heben des Kopfes, freies Sitzen, Stehen oder Gehen. Bei der schwersten SMA-Form kommt es zu Lähmungen und Ausfällen der Muskelgruppen, die an grundlegenden Lebensfunktionen wie der Atmung oder dem Schlucken beteiligt sind. Die Lebenserwartung der am schwersten Betroffenen beträgt nur etwa 18-24 Monate. Eine SMA kann schon in den ersten Lebensmonaten lebensbedrohliche Komplikationen verursachen, dessen Auftreten durch eine frühzeitige Erkennung und Therapie verhindert werden kann. Um das Vorliegen einer SMA zu sichern, ist ein genetischer Test erforderlich.

Antrag

Die Spinale Muskelatrophie ist bisher keine Zielkrankheit im Rahmen des in Deutschland seit 2002 etablierten erweiterten Neugeborenen-Screenings (ENS). Das ENS dient der Früherkennung von Erkrankungen und Störungen bei Neugeborenen, die die körperliche und geistige Entwicklung der Kinder in nicht geringfügigem Maße gefährden.

Der Test auf SMA wäre ein zusätzliches Ergebnis innerhalb des Neugeborenen-Screenings aus Trockenblut mittels real-time PCR (Polymerase-Kettenreaktion in Echtzeit). Ziel ist eine unverzügliche Therapieeinleitung im Krankheitsfall zu ermöglichen, um das Gesamtüberleben zu verbessern sowie schwere klinische Symptome zu vermeiden.  

Beschluss

Der G-BA hat am 17.12.2020 die Aufnahme der Spinalen Muskelatrophie in das erweiterte Neugeborenen-Screening (ENS) beschlossen. Der Test auf SMA wird nun in das bereits in Deutschland etablierte ENS integriert. Damit können betroffene Säuglinge vor dem Auftreten erster Symptome von SMA diagnostiziert werden und somit frühestmöglich eine lebensrettende Therapie erhalten. Der Beschluss verlangt eine Prüfung durch die Gendiagnostik-Kommission (GEKO). Dies  vorausgesetzt, tritt die Leistung dann nach Nichtbeanstandung durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft. Anschließend haben die Labore sechs Monate Zeit zur Schaffung der Testkapazitäten, bis es dann zur Umsetzung dieser Leistung in der Versorgung kommt.