Entlassmanagement

Verbesserung beim Übergang vom Krankenhaus in die ambulante Versorgung angestrebt

Originaltitel: Entwicklung eines sektorenübergreifenden datengestützten QS-Verfahrens Entlassmanagement

Unterausschuss Qualitätssicherung

Stand des Beratungsverfahrens

  • 20.09.2018 Beauftragung des Institutes für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) mit der Entwicklung eines sektorenübergreifenden datengestützten QS-Verfahrens Entlassmanagement durch das Plenum des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA)
  • 17.09.2015 Abnahme des Entwurfes der Konzeptskizze des AQUA Institutes durch den G-BA
  • 19.06.2014 Beauftragung des AQUA Institutes zur Erstellung einer Konzeptskizze für ein Qualitätssicherungsverfahren Entlassmanagement
  • 17.01.2013 Beschluss des G-BA über die Veröffentlichung einer Übersicht zum Themenfindungs- und Priorisierungsverfahrens (TUP Verfahren):  die Entwicklung eines Qualitätssicherungsverfahren zum Thema Entlassmanagement wird priorisiert
  • 29.02.2012 Einreichung des Themenvorschlages „Entlassmanagement“ inklusive Vorlage eines Kriterienkataloges durch die Patientenvertretung zur weiteren Beratung in der AG Themenfindung und Priorisierung

Antrag der Patientenvertretung

Während die Zahl der Krankenhausbehandlungen in den letzten Jahren gestiegen ist, werden die Krankenhausaufenthalte immer kürzer. Umso wichtiger ist es, dass Patientinnen und Patienten bedarfsgerecht informiert werden und die Qualität der Versorgung während des Übergangs in die ambulante Versorgung nach einer Krankenhausbehandlung für die Patientinnen und Patienten sichergestellt ist. Für eine lückenlose Anschlussversorgung müssen die Abläufe sowohl für Patientinnen und Patienten als auch den Arzt bei der Entlassung vom Krankenhaus in die ambulante Versorgung aus dem Krankenhaus geklärt sein.

Ziel der Patientenvertretung ist es, die Versorgungsqualität bei diesem Übergang zu verbessern. Dafür soll ein Verfahren zur Verbesserung der Qualität dieses Entlassungsprozesses entwickelt werden, das einrichtungsübergreifende, standardisierte Vorgaben festlegt. Der Patientenvertretung ist es darüber hinaus ein großes Anliegen, dass die Ergebnisse dieses Verfahrens transparent veröffentlicht werden. Damit soll die Selbstbestimmung von Patientinnen und Patienten gestärkt werden.

Um das Thema anzustoßen, hatte die Patientenvertretung bereits im Jahre 2012 beim G-BA den Vorschlag zur Einführung eines Qualitätssicherungsverfahrens zum Thema Entlassmanagement eingereicht und zudem mit einem ausgefüllten Kriterienkatalog begründet. Der Kriterienkatalog beinhaltet u. a. Angaben dazu, warum das Thema für die Gesamtbevölkerung so wichtig ist, worin das Potential der Qualitätsverbesserung besteht und zeigt Wege zur Umsetzung eines bundesweiten Verfahrens zu diesem Thema auf. Unterstützt wurde die Patientenvertretung damals vom AQUA Institut, welches ebenfalls einen Kriterienkatalog zu diesem Thema eingereicht hatte. Im G-BA wurde dieses Thema nachfolgend priorisiert und so die Entwicklung eines Qualitätssicherungsverfahrens in die Wege geleitet.

Ein Bestandteil des geplanten Qualitätssicherungs-Verfahrens soll unter anderem eine Patientenbefragung sein. Anhand der von Patienteninnen und Patienten gemachten Erfahrungen - vor, während und nach der Entlassung aus einem Krankenhaus – soll überprüft werden, ob bestehende Vorgaben eingehalten werden und wo weiterer Bedarf besteht, die Qualität des Entlassmanagements zu verbessern. Auf Grundlage dieser Befragung und weiterer vorhandener Sozialdaten (denkbar sind hier zum Beispiel Informationen zu Notfallbehandlungen nach Krankenhausentlassung oder zu ungeplanten Wiederaufnahmen ins Krankenhaus) soll sowohl das Entlassmanagement von Seiten des Krankenhausen, aber auch die Qualität der Zusammenarbeit von Krankenhaus und ambulantem, nachsorgendem Leistungserbringer (z. B. Arzt, Pfleger, Rehabilitationseinrichtung) ermittelt werden. Ein Fokus liegt hier insbesondere auf der Weitergabe relevanter Informationen.

Hintergrund

Wie weiter nach dem Krankenhausaufenthalt – die Bedeutung des Entlassmanagements

Über 19 Mio. Krankenhausbehandlungen gibt es derzeit pro Jahr in Deutschland. Ein Krankenhausaufenthalt dauert durchschnittlich circa. 7 Tage. Zu Beginn der 90er Jahre blieb eine Patientin oder ein Patient im Schnitt noch 14 Tage im Krankenhaus. Heute hat sich die durchschnittliche Verweildauer der Patientinnen und Patienten nahezu halbiert. Im gleichen Zeitraum hingegen (1991-2016) ist aber die Anzahl der Patientinnen und Patienten, die einen Krankenhausaufenthalt benötigten, deutlich gestiegen. Die Anzahl der Krankenhausfälle stieg von 1.822 Fällen je 10.000 Einwohner auf 2.355 Fälle je 10.000 Einwohner. (Statistisches Bundesamt (Destatis), 2018, Fachserie 12 Reihe 6.1.1, S. 8 Gesundheitswesen: Grunddaten der Krankenhäuser 2017, Wiesbaden).

Allerdings birgt fast jede Entlassung aus einer Klinik, insbesondere, wenn sie nicht sachgerecht erfolgt ist, das Risiko von Versorgungslücken, die zu unnötiger Belastung von Patientinnen und Patienten und ihren Angehörigen sowie zu hohen Folgekosten führen können.

Die Folgen eines erst gar nicht erfolgten oder nicht sachgerechten Versorgungsmanagements während der Entlassung sind vielfältig, häufig individuell und krankheitsspezifisch. Hier seien nur einige exemplarisch genannt:

  • Es besteht eine hohe Unsicherheit bei den Patientinnen und Patienten über das richtige Verhalten, über Prognosen zum Krankheitsverlauf und Warnzeichen. In der Folge werden wiederum verstärkt Vertreter des Gesundheitswesens in Anspruch genommen und/oder Komplikationen werden verschleppt.
  • Es besteht eine Unterversorgung bei der Pflege nach der Entlassung mit der Folge von Komplikationen und Wundinfektionen, Wiederaufnahmen im Krankenhaus, verlängerten Genesungsdauern und erhöhtem Behandlungsbedarf in der Nachsorge.
  • Arzneimitteltherapien können unterbrochen sein, die dazu führen, dass die Patientin oder der Patient erneut in den ambulanten Bereich aufgenommen werden muss - mit allen daraus resultierenden Konsequenzen. 
  • Die Entlassung der Patientin oder des Patienten sowie und/oder  ihre/seine Rehabilitation verzögern sich. 
  • Behandlungen werden anders fortgeführt als eigentlich vorgesehen, wenn nachfolgenden Behandlern oder Pflegekräften wichtige Informationen nicht zeitgerecht vorliegen.
  • Die Patientin oder der Patient muss in die ambulante Notfallversorgung.

Für Patientinnen und Patienten ist deshalb schon zu Beginn des Krankenhausaufenthaltes und frühzeitige eine Einschätzung notwendig, welcher Versorgungsbedarf besteht (systematisches Assessment). Es sind Beratungs-, Schulungs- und Koordinationsleistungen notwendig, um eine bedarfsgerechte Versorgung auch nach dem Krankenhausaufenthalt sicherzustellen und den Patienten bei der Bewältigung seiner veränderten Lebenssituation zu unterstützen (Expertenstandard in der Pflege, DNQP).

Erste Beratungen im G-BA und Entwicklung einer Konzeptskizze des AQUA-Instituts

Bereits 2012 hatte die Patientenvertretung mit Unterstützung des AQUA Institutes das Thema zur Entwicklung des Qualitätssicherungs-Verfahren für das Entlassmanagement eingebracht. Darauf folgende Beratungen des G-BA mündeten am 17. Januar 2013 in dem Beschluss, das Thema zu priorisieren. Am 19. April 2015 beauftragte der G-BA das AUQA-Institut mit der Erstellung einer Konzeptskizze, die mit Beschluss des G-BA vom 17. September 2015 abgenommen wurde.

Regelungen zum Entlassmanagement in der Gesetzgebung: § 39 Abs. 1a SGB V

Fast zeitgleich zur Veröffentlichung der Konzeptskizze beim G-BA hat der Gesetzgeber mit den Regelungen im Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VSG) in § 39 Abs. 1a SGB V nochmals ausdrücklich klargestellt, dass zu einer Krankenhausbehandlung auch ein Entlassmanagement gehört, dass den Übergang in die Versorgung nach der Krankenhausbehandlung erleichtert.

Die Details und nähere Ausgestaltung des gesamten Prozesses eines Entlassmanagements sollten bis zum 31.12.2015 auf Bundesebene in einer Rahmenvereinbarung gemäß §115 SGB V zwischen GKV-Spitzenverband (GKV-SV), Deutscher Krankenhausgesellschaft (DKG) und Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) geregelt werden. Diese Ausgestaltung sollte sowohl die Aufgabenverteilung zwischen Krankenhaus, ggf. Vertragsärztin bzw. Vertragsarzt und Krankenkasse als auch deren Zusammenarbeit betreffen und diese konkretisieren.

Das Gesetz ist am 23.07.2015 in Kraft getreten.

Der Rahmenvertrag von GKV-Spitzenverband, Deutscher Krankenhausgesellschaft und Kassenärztlicher Bundesvereinigung

Trotz intensiver Verhandlungen über die bundesweiten Rahmenvorgaben für das Entlassmanagement konnte zwischen GKV-SV, DKG und KBV keine Einigung erzielt werden. Um die strittigen Punkte zu regeln, musste das erweiterte Bundesschiedsamt eingeschaltet werden. Der mit Beschluss des erweiterten Schiedsamtes festgelegte Rahmenvertrag vom 17.10.2016 ist ab dem 01.10.2017 in Kraft getreten.

Neuregelungen zum Entlassmanagement vom 17. Dezember 2015

Während GKV-SV, DKG und KBV Verhandlungen zu Ausgestaltung des Rahmenvertrages führten, hat der G-BA gemäß § 39 Abs. 1a SGB V mit Beschlüssen vom 17.12.2015 in seinen Richtlinien  geregelt, dass Krankenhäuser bei Entlassung für einen Zeitraum von bis zu sieben Tagen häusliche Krankenpflege, Heilmittel, Hilfsmittel, Soziotherapie und Arzneimittel verordnen können. Auch kann für diesen Zeitraum eine etwaige Arbeitsunfähigkeit festgestellt werden. Die Beschlüsse änderten sowohl die Heilmittel- sowie Hilfmittel-Richtline als auch die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie sowie die Arzneimittel-Richtlinie, die Soziotherapie-Richtlinie und die Häusliche Krankenpflege-Richtlinie.

Beauftragung des IQTiG

Der G-BA wollte die Ergebnisse des Rahmenvertrages abwarten, um diese für die weitere Beratung berücksichtigen zu können. Die Beauftragung des IQTIG ein Qualitätssicherungsverfahren im Bereich des Entlassmanagements zu entwickeln, hat sich dadurch bis ins Jahr 2018 verzögert.

Am 20. September 2018 hat das Plenum im G-BA beschlossen, das IQTiG mit der „Entwicklung eines sektorenübergreifenden datengestützten QS-Verfahrens“ zu beauftragen. Grundlage für diese Entwicklung wird die Konzeptskizze des AQUA-Instituts sowie der Rahmenvertrag über das Entlassmanagement von GKV-SV, DKG und KBV vom 1. Oktober 2017 sein. Zum Auftrag gehört zudem die von der Patientenvertretung avisierte Patientenbefragung.