Strukturreform der ambulanten Psychotherapie
16.06.2016
Die Patientenvertretung im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) hat die vom G-BA beschlossene Strukturreform der ambulanten Psychotherapie-Richtlinie begrüßt. Die Beratungen seien insgesamt sehr konstruktiv gewesen. Die Patientenvertretung hofft nun auf schnellere Versorgung psychisch kranker Menschen.
Zukünftig werden wichtige neue Angebote Teil der psychotherapeutischen Versorgung, wie die psychotherapeutische Sprechstunde, die Rezidivprophylaxe und Regelungen zur Akutbehandlung für die Versorgung psychisch kranker Menschen.
Einige Anliegen der Patientenvertretung bleiben jedoch offen.
Die psychotherapeutische Sprechstunde
Die große Hoffnung aus Patientensicht richtet sich auf die neu geschaffene psychotherapeutische Sprechstunde. Sie soll zukünftig einen niedrigschwelligen Zugang zum Psychotherapeuten ermöglichen. Die Therapeuten sollen frühzeitig die Behandlungsbedürftigkeit der Beschwerden einschätzen können und über ein geeignetes psychotherapeutisches Verfahren oder auch andere Hilfen wie die Selbsthilfe, Beratungsstellen und Präventionsangebote beraten.
Allerdings müssen Ratsuchende die psychotherapeutische Sprechstunde zukünftig verpflichtend vor Beginn einer Psychotherapie in Anspruch nehmen. Die Patientenvertretung im G-BA hat im Plenum kritisiert, dass Therapeutinnen und Therapeuten die Sprechstunde nicht auch verpflichtend anbieten müssen. Sie sieht dadurch den Sicherstellungsauftrag für dieses Versorgungsangebot gefährdet und fürchtet ein neues Nadelöhr für den Zugang zur Psychotherapie. Der entsprechende Antrag der Patientenvertretung wurde mehrheitlich vom G-BA-Plenum abgelehnt. Die Therapeuten seien auch ohne Verpflichtung hinreichend interessiert daran, die psychotherapeutische Sprechstunde anzubieten.
Stundenzahl für Lang- und Kurzzeittherapie
Zufrieden zeigte sich die Patientenvertretung damit, dass die Stundenanzahl für Langzeittherapien wie bisher bestehen bleibt.
Die neu geregelte Stundenaufteilung in der Kurzzeittherapie sei aus Sicht der Patientenvertretung jedoch sachlich unbegründet. Eine Zweiteilung in je 12 Stunden (bisher bis zu 25 Stunden) sei für den therapeutischen Prozess nicht zielführend und weder Daten aus der aktuellen Versorgung noch Studiendaten lieferten tragfähige Argumente für diese Neuregelung. Das G-BA-Plenum sah dies anders und verwies auf die Tragende Gründe zum Beschluss.
Patientenvertretung erfolglos mit verbliebenen Anträgen
Weitere noch verbliebene Anträge der Patientenvertretung bezogen sich auf die fehlende Aufnahme der Hochschulambulanzen als Leistungserbringer, die Reduktion der Mindestteilnehmerzahl bei Gruppentherapien sowie die Reduktion der Anzahl probatorischer Sitzungen. Alle Anträge wurden im Plenum abgelehnt, auch die von der Patientenvertretung beantragte Ergänzung um die Paar- und Familientherapie.
Rechtliche Bedenken äußerte die Patientenvertretung dahingehend, dass der G-BA weitere Regelungen den Partnern der Bundesmantelverträge (GKV-Spitzenverband und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung) für die Psychotherapie-Vereinbarung überlässt. Dazu gehören z.B. die Erstellung von Patienteninformationen oder die Regelungen für die Evaluation eines neuen Dokumentationsbogens, der Teil der Patientenakte wird. Die Patientenvertretung kritisiert die Umgehung von Beteiligungsrechten, die beim G-BA garantiert sind, wie die Beteiligung der Bundesdatenschützerin, der Bundespsychotherapeutenkammer und der Patientenvertretung. Das G-BA Plenum teilte diese Bedenken nicht und sieht die Vertragspartner der Psychotherapie-Vereinbarung hinreichend gesetzlich ermächtigt.
Der Beschluss des G-BA und die Änderung der Psychotherapie-Richtlinie tritt erst mit Genehmigung durch das Bundesministerium für Gesundheit in Kraft. Beschluss und Tragende Gründe sind auf der Internetseite des G-BA veröffentlicht.