Prostatakrebs besser behandeln
© istock.com/Wavebreakmedia
Beim Prostatakarzinom handelt es sich um eine bösartige Tumorerkrankung, die vom Drüsengewebe der Vorstehdrüse, der Prostata, ausgeht. Nach Angabe des Robert-Koch-Instituts stellt das Prostatakarzinom mit 23 Prozent aller Krebserkrankungen die häufigste Krebserkrankung und die dritthäufigste Krebstodesursache bei Männern in Deutschland dar. Durch die verbesserte Früherkennung wird das Prostatakarzinom mittlerweile oft in einem frühen Stadium entdeckt. Zu diesem Zeitpunkt können vier verschiedene therapeutische Strategien verfolgt werden: die radikale Prostatektomie (bei der die Prostata vollständig entfernt wird), die perkutane Strahlentherapie (die von außen erfolgt), die Brachytherapie (bei der winzige radioaktive Metallteilchen in das unmittelbare Nachbargewebe des Tumors eingepflanzt werden) sowie die Aktive Überwachung (bei der der Tumor regelmäßig kontrolliert wird). Alle vier Therapiealternativen sind etabliert, allerdings fällt im deutschen Versorgungsalltag auf, dass überzufällig häufig die radikale Prostatektomie durchgeführt wird. Dabei treten insbesondere Harninkontinenz und Impotenz relativ häufig als Nebenwirkungen auf. Sie wären möglicherweise in vielen Fällen vermeidbar: zum einen durch eine verbesserte Durchführung, zum anderen, indem dieser operative Eingriff seltener zur Ausführung kommt (verbesserte Indikationsstellung).
Sicherung der Qualität bei Diagnostik und Therapie
Ein zentrales Ziel des 2012 durch die Patientenvertretung eingereichten Antrags für ein Qualitätssicherungsverfahren bestand darin, die bedarfs- und leitlinienorientierte Diagnostik und Therapie zu verbessern. Bei einer Behandlung ist zwischen einer möglichen Verlängerung des Lebens und deren Risiken abzuwägen. Dabei kommt der Willensentwicklung der Patientinnen und Patienten eine entscheidende Bedeutung zu. Besser informierte und in den Prozess eingebundene Menschen treffen angemessenere Entscheidungen, was bessere gesundheitliche Resultate und eine höhere Behandlungszufriedenheit mit sich bringt. Das Anliegen der Patientenvertretung war es daher auch, durch das Qualitätssicherungsverfahren Defizite im Bereich der Patienteninformation und partizipativen Entscheidungsfindung aufzudecken und Anreize für eine präferenzsensible Entscheidungsgestaltung zu etablieren.
In einem mehr als zehnjährigen Prozess haben G-BA und IQTIG ein Konzept für ein sektorenübergreifendes Qualitätssicherungsverfahren entwickelt. Dabei sollen Sozialdaten der Krankenkassen, Ergebnisse aus Patientenbefragungen und erstmals auch Daten zur Tumordokumentation bei den klinischen Krebsregistern einbezogen werden. Die Patientenvertretung ist zuversichtlich, dass das von ihr initiierte Qualitätssicherungsverfahren zukünftig bewirken kann, sowohl die partizipative Einbindung der Patienten als auch Diagnostik und Therapie zu verbessern.
Früherkennung
Um die Früherkennung von Prostatakrebs an die neuesten internationalen und nationalen Empfehlungen anzupassen, stellte die Patientenvertretung 2018 einen Antrag auf Überprüfung der Evidenz eines PSA-basierten Screenings. Die Antragsstellung erfolgte insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die Bestimmung des prostataspezifischen Antigens (PSA) im Blut eine der am häufigsten angebotenen Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) ist und somit die Kosten von den Patienten selbst bezahlt werden. Das Bewertungsverfahren durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit (IQWiG) zeigte ein heterogenes Bild hinsichtlich der Nutzen-Schaden-Abwägung auf: Einerseits ermöglicht die PSA-Bestimmung die Chance, dass Tumoren in einem heilbaren Stadium frühzeitig entdeckt und Metastasen verhindert werden. Andererseits können falsch-positive Befunde des PSA-Tests unnötige Prostatabiopsien und nicht erforderliche Therapien nach sich ziehen. Im Ergebnis schlussfolgerte das IQWiG, dass der Nutzen den Schaden nicht aufwiegt.
Die Patientenvertretung forderte auf Basis dieser Ergebnisse dennoch die Aufnahme einer einmaligen PSA-Messung für Männer zwischen 55 und 69 Jahren als Kassenleistung. Dabei betonte sie als wesentlichen Bestandteil die verpflichtende ärztliche Aufklärung des Patienten vor der Bestimmung des PSA-Wertes, um im Arzt-Patienten-Gespräch die Vor- und Nachteile der Untersuchung abzuwägen und sich für oder gegen die PSA-Bestimmung entscheiden zu können. Der G-BA entschied sich 2020 dagegen, die Früherkennung von Prostatakrebs mittels PSA-Wert-Bestimmung zu erweitern.
Mit 86 Jahren engagiere ich mich noch immer als fallbezogener Patientenvertreter des Prostatakarzinoms. Bei meiner Pensionierung erklärte mir mein Urologe, dass ich Prostatakrebs habe. Ich war entsetzt, wie gering die Kenntnisse der Ärzte unseres Gesundheitswesens über die Ergebnisse ihrer Arbeit waren. Selbsthilfegruppen und meine Frau halfen mir, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Ich gelte heute als geheilt. Daher helfe ich dem Gesundheitswesen noch immer. Meine Söhne und Enkel sollen es einfacher haben, ihre Entscheidungen zu treffen. Ich bin sicher, ich werde es noch erleben, dass die Patientenbefragung über die Behandlungsqualität, die Früherkennung einschließlich PSA-Messung und die Zweite Meinung eingeführt werden – dank der Patientenbeteiligung, den Selbsthilfeorganisationen und meiner Hilfe.
Jens-Peter Zacharias
Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e. V. (BPS)
Mit 86 Jahren engagiere ich mich noch immer als fallbezogener Patientenvertreter des Prostatakarzinoms. Bei meiner Pensionierung erklärte mir mein Urologe, dass ich Prostatakrebs habe. Ich war entsetzt, wie gering die Kenntnisse der Ärzte unseres Gesundheitswesens über die Ergebnisse ihrer Arbeit waren. Selbsthilfegruppen und meine Frau halfen mir, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Ich gelte heute als geheilt. Daher helfe ich dem Gesundheitswesen noch immer. Meine Söhne und Enkel sollen es einfacher haben, ihre Entscheidungen zu treffen. Ich bin sicher, ich werde es noch erleben, dass die Patientenbefragung über die Behandlungsqualität, die Früherkennung einschließlich PSA-Messung und die Zweite Meinung eingeführt werden – dank der Patientenbeteiligung, den Selbsthilfeorganisationen und meiner Hilfe.
Jens-Peter Zacharias
Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e. V. (BPS)
Unsere Stimme, unsere Stärke.
20 Jahre Patientenbeteiligung
im Gemeinsamen Bundesausschuss
Unsere Stimme, unsere Stärke.
20 Jahre Patientenbeteiligung
im Gemeinsamen Bundesausschuss