Qualität der herzchirurgischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen

Änderungen der Richtlinie zur Kinderherzchirurgie (KiHe-RL)

Originaltitel: Antrag der Patientenvertretung nach § 140f SGB V: Überarbeitung der Richtlinie über Maßnahmen zur Qualitätssicherung der herzchirurgischen Versorgung bei Kindern und Jugendlichen gemäß § 137 Abs. 1 Nr. 2 SGB V (Richtlinie zur Kinderherzchirurgie, KiHe-RL) vom 18.02.2010, zuletzt geändert am 04.12.2013

Unterausschuss Qualitätssicherung

Stand des Beratungsverfahrens

  • 20.11.2014 Antrag der Patientenvertretung und Beschluss des Plenums zur Überweisung zur weiteren Beratung in den Unterausschuss Qualitätssicherung

Hintergrund

Mehr als 6.500 Kinder werden pro Jahr in Deutschland mit einer Fehlbildung des Herzens geboren. Damit sind angeborene Herzfehler (AHF) die häufigste angeborene Fehlbildung beim Menschen. Sie gelten aufgrund der Vielfalt der Fehlbildungen, den entsprechend vielfältigen Behandlungen und der großen Altersspanne der Patientinnen und Patienten als sehr komplexe Fehlbildung. AHF erfordern eine langzeitliche, multidisziplinäre, patientenindividuell abgestimmte, kooperative Behandlung mit operativen und interventionellen Eingriffen. Sie stellen hohe Ansprüche an die Qualifikation und Qualität der behandelnden Einrichtungen.

Der G-BA hat deshalb erstmals am 10.02.2010 die Richtlinie über Maßnahmen zur Qualitätssicherung der herzchirurgischen Versorgung bei Kindern und Jugendlichen  (Richtlinie zur Kinderherzchirurgie, KiHe-RL) beschlossen. Diese beinhaltet Qualitätsvorgaben für Einrichtungen, die herzchirurgische Eingriffe an Kindern und Jugendlichen vornehmen. Die Richtlinie stellt insbesondere Mindestanforderungen an

  • die Anzahl und Qualifikation der Einrichtungsleitung sowie der Fachärztinnen und Fachärzte in der Einrichtung,
  • den kinderkardiologischen Bereitschafts- oder Rufbereitschaftsdienst,
  • die Qualifikation des Pflegepersonals,
  • die Ausstattung und räumliche Gegebenheiten von Operationssaal, kinderkardiologischer Intensiveinheit, der kinderkardiologischen Pflegestation, des Katheterlabors und bildgebender Diagnostik,
  • die Verfügbarkeit von ergänzenden fachärztlichen und nicht-ärztlichen Leistungen,
  • die interdisziplinäre Zusammenarbeit sowie an die Durchführung von Teamsitzungen und Qualitätszirkeln.

Der Gemeinsame Bundesausschuss ist gesetzlich dazu ermächtigt, für bestimmte Behandlungen Mindestanforderungen an die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität festzulegen. Dies ist zum Beispiel bei außergewöhnlich schwierigen und gefährlichen Operationen der Fall, die besonders qualifiziertes Personal und eine bestimmte Ausstattung erfordern. Ziel ist es, hierfür an zentralen Stellen optimale strukturelle Voraussetzungen für die medizinische Versorgung zu schaffen. Nur Kliniken, die entsprechend ausgestattet sind und vorgehen, dürfen die betreffenden Leistungen auch weiterhin erbringen.

Antrag der Patientenvertretung

1. Nachweis und Transparenz bei der Erfüllung der Mindestanforderungen

Vier Jahre nach Inkrafttreten der Kinderherz-Richtline lagen der Patientenvertretung zahlreiche Hinweise aus der Versorgung vor, die für eine mangelnde Umsetzung der Vorgaben der Richtlinie sprachen. Hinzu kamen erste Auswertungen  der freiwilligen Initiative „Nationalen Qualitätssicherung Angeborener Herzfehler“ durch das Register AHF (Angeborene Herzfehler) (http://www.nationale-qs-ahf.de/) für 2012, die Rückschlüsse darauf zuließen, dass die in der KiHe-RL vorgegebenen strukturellen Anforderungen unzureichend bzw. nicht flächendeckend umgesetzt werden.

Obwohl in der Erstfassung der "Kinderherz-Richtlinie" vom 18.10.2010 festgelegt worden war, dass der Gemeinsame Bundesausschuss die Umsetzung und Auswirkungen der Richtlinie evaluieren wird, war eine solche Evaluation zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht initiiert worden. (Eine Evaluation befindet sich, auch auf Betreiben der Patientenvertretung, seit 2016 in der Vorbereitung.)

Doch die Hinweise aus der Praxis machen es nach Auffassung der Patientenvertretung erforderlich, das Verfahren, wie Kliniken die Erfüllung der Mindestanforderungen nachweisen und wie die Einhaltung der Mindestanforderungen geprüft wird, zu stärken. Kinder, Eltern und Erziehungsberechtigte müssen sich darauf verlassen können, dass die vom G-BA aufgestellten Qualitätsanforderungen von den leistungserbringenden Kliniken streng eingehalten werden. Um dies zu erreichen, ist aus Sicht der Patientenvertretung dringend die Transparenz hinsichtlich der Einhaltung der Anforderungen und der Konsequenzen bei Nichteinhaltung zu erhöhen.

Ein Teil des Antrags zielt daher auf die Verankerung besserer Kontrollen und die Herstellung von Transparenz.

2. Verbesserung der Entlassungsvorbereitung und Überleitung in die ambulante Versorgung

Auch nach einem operativen Eingriff benötigen Kinder und Jugendliche mit AHF eine mittel- bis langfristige Nachsorge. Dadurch sollen Spätkomplikationen vermieden oder zumindest frühzeitig erkannt werden. Auch die mit der Erkrankung gegebenenfalls einhergehenden physischen, psychischen und psychosozialen Einschränkungen für die Betroffenen und ihre Familien müssen in den Fokus genommen werden.

Familien mit herzkranken Kindern sollen deshalb im Anschluss an die akutstationäre Versorgung im häuslichen Umfeld weiter betreut werden. Hierzu soll eine gezielte Entlassungsvorbereitung und Überleitung in eine strukturierte entwicklungsneurologische, -diagnostische und ggf. therapeutische Betreuung unter Einbeziehung aller an der Versorgung Beteiligter in der Kinderherz-Richtlinie verankert werden.

3. Betrachtung von Ergebnisqualität

Die Kinderherz-Richtlinie beinhaltet bislang keine datengestützte Qualitätssicherung, bei der die medizinischen Ergebnisse der herzchirurgischen Eingriffe einrichtungsübergreifend verglichen werden könnten.

Die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) und die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie (DGPK) haben nach einer zweijährigen Pilotphase zum 1. Oktober 2011 mit einer freiwilligen bundesweiten QS-Maßnahme aller Operationen und Interventionen bei angeborenen Herzfehlern in Deutschland begonnen. Dabei werden Daten zur Sterblichkeit und Komplikationen nach operativen und interventionellen Eingriffen erfasst. Erste Auswertungen lassen den Rückschluss zu, dass die Sterblichkeit zwar relativ gering ist, es allerdings noch großes Verbesserungspotential in Hinblick auf Komplikationen und Folgeprozeduren gibt.

Es wäre aus Sicht der Patientenvertretung daher wünschenswert, wenn der G-BA auf dieser Grundlage eine verpflichtende externe Qualitätssicherung etablieren würde.