MRSA-Sanierung in der Häuslichen Krankenpflege

Aufnahme als Behandlungspflege in die Häusliche-Krankenpflege-Richtlinie (HKP-Richtlinie)

Originaltitel: Antrag der Patientenvertretung nach § 140f SGB V: Aufnahme der Dekolonisation von MRE/MRSA PatientInnen in die HKP-RL als Maßnahme der Behandlungspflege

Unterausschuss Veranlasste Leistung

Stand des Beratungsverfahrens

  • 01.05.2014: Inkrafttreten
  • 14.04.2014: Nichtbeanstandung des G-BA Beschlusses durch das BMG; rechtlicher Hinweis zu erforderlichen Einzelfallprüfungen hinsichtlich der Maßnahmen des Wäschewechsels und der Desinfektion von Gegenständen

  • 23.01.2014: Beschluss des Plenums zur Aufnahme der Leistung der MRSA-Sanierung in den Leistungskatalog der HKP-RL
  • 16.05.2013: Einleitung des Stellungnahmeverfahrens durch das Plenum

  • 30.10.2012: Inkrafttreten des § 92 Absatz 7 Satz 1 Nr. 4 SGB V (in der Fassung des Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz – PNG vom 30.10.2012): Gesetzliche Klarstellung, dass der G-BA Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur Dekolonisation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) regeln soll.

  • 20.04.2012: Vorlage eines ersten Regelungsvorschlags für das Leistungsverzeichnis der HKP-Richtlinie durch die Patientenvertretung

  • 06.09.2011: Antrag der Patientenvertretung zur Einleitung eines Beratungsverfahrens zur Entwicklung einer Regelung in der HKP-RL, mit der klargestellt wird, dass die Dekolonisation von MRSA-Patienten und Patientinnen als Leistung der häuslichen Krankenpflege verordnet werden kann.

Hintergrund

MRSA (Methicillin-Resistenter-Staphylococcus-Aureus) bezeichnet Staphylococcus aureus-Stämme, die gegen viele Antibiotika durch natürliche Mutationen und Aufnahme von Resistenzgenen unempfindlich geworden sind. Viele gesunde Menschen tragen dieses Bakterium im Nasenvorhof, im Rachen oder auch in Achseln oder der Leiste ohne krank zu werden. Eine Besiedelung mit MRSA wird aber bedrohlich, wenn das Bakterium in den Körper eindringt, z.B. durch offene Wunden oder liegende Katheter. Dann kann es zu schweren Infektionen von Haut, Wunden oder Organen kommen, die wegen der Resistenz des Bakteriums nicht mit dem Antibiotika Methicillin und auch nicht mit den meisten anderen Antibiotika behandelt werden können.

Insbesondere für Patientinnen und Patienten, die ein erhöhtes Risiko für Infektionen haben, ist es daher von elementarer Bedeutung, dass sie auf MRSA getestet werden und bei positivem Befund eine MRSA-Sanierung (Eradikationstherapie) durchgeführt wird.

Zu diesen Risikogruppen gehören Patientinnen und Patienten mit zwei oder mehreren Risikofaktoren, wie

  • Krankenhauspatienten und chronisch Pflegebedürftige,
  • Antibiotikatherapie in den zurückliegenden 6 Monaten,
  • liegende Katheter (z.B. Harnblasenkatheter, PEG-Sonde),
  • Dialysepatienten, Menschen mit geschwächtem Abwehrsystem,
  • Menschen mit Hautverletzungen wie Hautulcus, Gangrän, chronische Wunden, tiefe Weichteilinfektionen.

Für die Entfernung der MRSA-Besiedelung (Sanierung) werden, je nach ärztlichem Behandlungsplan und Bedarf, über einen Zeitraum von in der Regel 5-7 Tagen folgende Maßnahmen durchgeführt:

  • Applikation einer antibakteriellen Nasensalbe oder eines antiseptischen Gels
  • Mund- und Rachenspülung mit einer antiseptischen Lösung
  • Dekontamination von Haut und Haaren mit antiseptischen Substanzen

Darüber hinaus werden einige Begleitmaßnahmen empfohlen. Hierzu gehört neben der Anleitung von MRSA-Träger-Patienten und Angehörigen zur Händehygiene insbesondere auch der tägliche Wechsel bzw. Desinfektion von Textilien und Gegenstände, die mit Haut oder Schleimhaut Kontakt haben

Der Erfolg der Sanierungsbehandlung hängt entscheidend von der konsequenten Durchführung aller erforderlichen Maßnahmen ab. Für pflegebedürftige Patientinnen und Patienten mit entsprechenden Risikofaktoren bedeutet dies, dass sie auf professionelle Unterstützung bei der Durchführung angewiesen sein können.

Antrag der Patientenvertretung

Mit dem Antrag hat die Patientenvertretung das Ziel verfolgt, eine medizinisch erforderliche MRSA-Sanierung gemäß den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts auch für pflegebedürftige Patientinnen und Patienten mit einem Infektionsrisiko sicherzustellen.

Ein großes Problem bestand zum Antragszeitpunkt insbesondere für multi-morbide Patienten, die aus dem Krankenhaus mit einem MRSA-Keim entlassen werden. In diesen Fällen ist für den Erfolg der Sanierung grundlegend, dass im Rahmen der Entlassung eine nahtlose (Weiter-) Sanierung veranlasst wird, sei es über den Hausarzt oder in direktem Kontakt mit einem ambulanten Pflegedienst. Vor allem für Patientinnen und Patienten, die liegende Katheter haben, beatmet werden, dialysepflichtig sind oder tiefe Wunden haben besteht sonst die Gefahr einer lebensgefährlichen Infektion.

Doch selbst bei Vorliegen einer ärztlichen Verordnung für HKP haben Krankenkassen in der Regel die Kosten nicht im Rahmen der HKP übernommen, weil sie die Sanierung nicht als Behandlungspflege anerkannten. Vielmehr sollte die Sanierung im Rahmen der Grundpflege durch die Pflegeversicherung getragen werden, weil Teil der Standardsanierung Hautwaschungen mit antiseptischen Seifen sind.

Diese Vorgehensweise bedeutete für betroffene Patientinnen und Patienten erhebliche Belastungen: Wenn keine Pflegestufe bestand oder die Pflegedienste die Sanierung nicht im Rahmen der Grundpflege erbringen konnten, wurde die Sanierung ggf. unterbrochen und damit die Gesundheit der Patientinnen und Patienten gefährdet, wenn sie nicht selbst die zusätzlichen Kosten tragen konnten. Denn eine Sanierungsbehandlung ist erheblich aufwendiger als die normale tägliche Grundpflege (siehe oben).

Mit der Aufnahme der Leistung der Sanierungsbehandlung in den Leistungskatalog der HKP-Richtlinie sollte klargestellt werden, dass die Durchführung einer MRSA-Sanierung mit den hierfür erforderlichen Arzneimitteln oder Medizinprodukten als Behandlungspflege im Rahmen der häuslichen Krankenpflege zu verstehen ist und nicht als Grundpflege im Rahmen der Pflegeversicherung. Zudem sollte ermöglicht werden, dass die Leistung auch direkt vom Krankenhausarzt im Rahmen des Entlassmanagements verordnet werden kann und so eine nahtlose Sanierung sichergestellt ist.

Beschluss des G-BA und Hinweis des BMG

Durch Beschluss des G-BA vom 23.01.2014 konnten diese Ziele erreicht werden: Die erforderlichen Maßnahmen der Sanierungsbehandlung wurden als Behandlungspflege anerkannt und die Ziffer 26a („Durchführen der Sanierung von MRSA-Trägern mit gesicherter Diagnose“) in das Leistungsverzeichnis der HKP-Richtlinie aufgenommen.

Die Patientenvertretung hätte sich eine noch weitergehende Regelung im Sinne einer Komplexleistung gewünscht. Diese sollte gewährleisten, dass auch die für den Erfolg der MRSA-Sanierung erforderlichen Begleitmaßnahmen als Behandlungspflege erbracht werden können, also insbesondere der tägliche Wäschewechsel und die Desinfektion von Flächen. Denn auch dieser Aufwand kann nicht komplett über die Grundpflege oder hauswirtschaftliche Versorgung der Pflegeversicherung abgedeckt werden (vgl. Konkretisierungsvorschlag vom 20.04.2012).

Diesbezüglich ist schließlich infolge eines Kompromissvorschlags des Unparteiischen Vorsitzenden eine Kompromissregelung gefunden worden: Ziffer 26a des Leistungsverzeichnisses der HKP-Richtlinie ordnet diese Begleitmaßnahme der Grundpflege oder hauswirtschaftlichen Versorgung zu, aber ermöglicht die Erbringung im Rahmen der HKP „in besonders gelagerten Ausnahmefällen, in denen ausnahmsweise der regelhaft gegebene Anspruch auf Erbringung dieser Leistungen nach dem SGB XI nicht gegeben ist.“

Das Bundesministerium für Gesundheit hat in seinem Schreiben vom 14.04.2014 darauf hingewiesen, dass ein allgemeiner Hinweis auf Leistungen nach dem SGB XI nicht zur Ablehnung von Leistungen der häuslichen Krankenpflege geeignet ist, sondern im Einzelfall zu prüfen ist, ob ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XI zur Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung besteht.