Tumortherapiefeld
Einsatz von Wechselstromhauben bei bösartigen Hirntumoren
Ergänzung der Standardbehandlung durch Tumortherapiefelder (TTF) bei Behandlung von GlioblastomAntrag vom 25.07.2018
Letzte Änderung: 20.03.2020
Originaltitel: Tumortherapiefelder zusätzlich zur derzeitigen Standardbehandlung von Patientinnen und Patienten als Erstlinientherapie bei Glioblastom nach § 135 Absatz 1 SGB V i. V. m. 2. Kapitel § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 5 VerfO
Unterausschuss Methodenbewertung
Stand des Beratungsverfahren
- 20.03.2020: Beschlussfassung Plenum
- 17.07.2019: IQWiG Rapid Report
- 20.09.2018: Annahme des Antrags durch den G-BA (Plenum) und Einleitung des Beratungsverfahrens
- 25.07.2018: Antrag der Patientenvertretung und des GKV-Spitzenverband auf Überprüfung der Methode, Tumortherapiefelder zusätzlich zur derzeitigen Standardbehandlung von Patientinnen und Patienten als Erstlinientherapie bei bösartigen Hirntumoren (Glioblastom) einzusetzen
Antrag der Patientenvertretung und des GKV-Spitzenverbands
Das
Glioblastom ist der häufigste hirneigene, bösartige Tumor im Erwachsenenalter.
Je nach Lage des Tumors können epileptische Anfälle, Lähmungen, Sensibilitäts-,
Seh- und Sprachstörungen oder Persönlichkeitsveränderungen auftreten sowie
Symptome wie Kopfschmerzen, Erbrechen und Bewusstseinstrübung. Ohne Behandlung
versterben die Patientinnen und Patienten innerhalb weniger Monate. Bei der
derzeitigen Standardbehandlung wird der Tumor zunächst operativ entfernt. Der
Operation folgt eine Kombination aus Strahlentherapie und Chemotherapie, die
sogenannte Radiochemotherapie. Anschließend an die Radiochemotherapie erhalten
die Patienten noch einmal eine alleinige Chemotherapie. Mit dieser
Standardbehandlung leben die Patientinnen und Patienten durchschnittlich noch
14,6 Monate. Die Lebenserwartung der Patientinnen und Patienten könnte nach
Ansicht der Patientenvertretung durch den Einsatz einer neuen zusätzlichen Behandlungsmethode gesteigert
werden.
Kommen zur Standardbehandlung als zusätzliche Therapie Wechselstromhauben - die Tumortherapiefelder
(TTF) - zum Einsatz, kann das Tumorwachstum und somit das Gesamtüberleben der Patientinnen und
Patienten auf voraussichtlich bis zu 21 Monate verlängert werden. Allerdings ist diese Therapie bislang nicht im
Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung enthalten, sodass die
Kosten von den Betroffenen selbst gezahlt werden müssen. Dies soll sich mit dem
gemeinsamen Antrag von Patientenvertretung und Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV-SV) ändern.
Beim Einsatz von Tumortherapiefeldern (TTF) werden Patientinnen und Patienten
über eine Kopfhaube mit elektrischen Wechselspannungsfeldern niedriger
Intensität behandelt. Die Übertragung erfolgt lokal über Keramikplättchen, die
mit einem Gel beschichtet sind und direkt auf der rasierten Kopfhaut der Patientinnen
und Patienten angebracht werden. Ein operativer Eingriff ist hierfür nicht
notwendig. Die Behandlung wird täglich über möglichst mehr als 18 Stunden
angewandt. Nach einer technischen Einweisung der Patientinnen und Patienten
sowie deren Angehörigen sind diese in der Lage, die TTF selbstständig
durchzuführen.
Hintergrund
Dem Antrag der Patientenvertretung
und des GKV-SV war ein positiv beschiedener Erprobungsantrag nach § 137e SGB V
vorausgegangen. Diesem Antrag eines Medizinprodukteherstellers, den Nutzen der TTF
in einer sogenannten Erprobungsstudie zu untersuchen, waren zwei Abstrakts einer Studie - der EF-14
Studie - beigefügt. In der EF-14 Studie war der ergänzende Einsatz von TTF
zusätzlich zur derzeitigen Standardbehandlung untersucht worden. Die TTF wurde dabei
mit Beginn der alleinigen Chemotherapie, also in der letzten Phase der
Standardtherapie (nach der operativen Entfernung des Tumors und der
abgeschlossenen Radiochemotherapie), begonnen. Die Ergebnisse dieser Studie zeigten,
dass das Gesamtüberleben der Patientinnen und Patienten dabei auf rund 21
Monate verlängert werden konnte.
Auf Basis dieser Ergebnisse hatte der Medizinproduktesteller als Antragsteller
geschlussfolgert, dass durch den noch früheren Einsatz der TTF, nämlich bereits
mit Beginn der Radiochemotherapie, eine weitere Zunahme des Gesamtüberlebens
erzielt werden kann. Dieser Schlussfolgerung war der G-BA gefolgt und sprach
der TTF als Zusatztherapie zur Standardbehandlung ebenfalls schon mit Beginn der Radiochemotherapie das
Potenzial einer Behandlungsalternative zu. Mit Beschluss vom 17. August
2017 hat der G-BA daraufhin die Beratungen über eine entsprechende Richtlinie
zur Erprobung gemäß § 137e SGB V (Erprobungsstudie) aufgenommen.
Die Ergebnisse der EF-14-Studie wurden schließlich im Dezember 2017 umfänglich veröffentlicht. Hierdurch verdichteten sich die Hinweise, dass der G-BA bei einer systematischen Überprüfung der Methode den Einsatz der TTF zusätzlich zur derzeitigen Standardbehandlung des Glioblastoms mit hoher Wahrscheinlichkeit empfehlen wird.
Die
Patientenvertretung und der GKV-SV haben daraufhin am 25. Juli.2018 einen Antrag
auf Überprüfung der Methode TTF gestellt. Dieser wurde am 20. September 2018 vom
G-BA angenommen und das Beratungsverfahren zur Bewertung der Methode eingeleitet.
Beschluss
Am 20.03.2020 wurde beschlossen, die Methode im Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung aufzunehmen. Sie kann erbracht werden bei Patientinnen und Patienten mit einem neu diagnostizierten Glioblastom, wenn nach Abschluss der Radiochemotherapie keine frühe Krankheitsprogression nachgewiesen wurde. Die TTF-Behandlung beginnt zusätzlich zur Standardtherapie in der Erhaltungsphase und kann bis zum zweiten Rezidiv angewendet werden.
Ergänzende Downloads und Links
- Antrag der Patientenvertretung vom 25.07.2018
- Beschluss des G-BA vom 17.08.2017: Einleitung von Beratungsverfahren zu Erprobungs-Richtlinien gemäß § 137e SGB V
- Beschluss des G-BA vom 20.09.2018: Einleitung des Bewertungsverfahrens: Tumortherapiefelder beim Glioblastom
- EF-14-Studie - Veröffentlichung vom 19.12.2017 (englische Version)
- Berichterstellung IQWiG