Ernährungsberatung
Verordnungsfähiges Heilmittel bei
Mukoviszidose und seltenen angeborenen
Stoffwechselerkrankungen
Unterausschuss Veranlasste Leistungen
Stand des Beratungsverfahrens
- 09.06.2017: Veröffentlicht im Bundesanzeiger: Die Änderung der Richtlinie tritt am 1.Januar 2018 in Kraft
- 16.03.2017: Beschluss des G-BA:
Aufnahme der ambulanten Ernährungsberatung bei seltenen angeborenen Stoffwechselerkrankungen und Mukoviszidose - 17.12.2015: Änderungsbeschluss des G-BA:
Fortsetzung der Beratung zu den Indikationen seltene angeborene Stoffwechselerkrankungen und Mukoviszidose - 30.09.2015: Teilbeanstandung durch das Bundesministerium für Gesundheit
- 22.01.2015: Beschluss des G-BA:
Ablehnung des Antrags der Patientenvertretung auf Aufnahme der ambulanten Ernährungsberatung bei seltenen angeborenen Stoffwechselerkrankungen und Mukoviszidose als verordnungsfähiges Heilmittel;
Nicht-Änderung der Heilmittel-Richtlinie - 27.08.2014: Antrag der Patientenvertretung im UA Veranlasste Leistungen:
Aufnahme der ambulanten Ernährungsberatung bei seltenen angeborenen Stoffwechselerkrankungen und Mukoviszidose als verordnungsfähiges Heilmittel - 16.09.2005: Der G-BA leitet die inhaltliche Beratung zum Thema „Ambulante Ernährungsberatung“ ein
Hintergrund
Das Bundessozialgericht hat in einem Urteil vom 28.06.2000, Az. B 6 KA 26/99 R, entschieden, dass „die Weigerung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen, in einem förmlichen Verfahren über die Aufnahme der Diättherapie (§ 3 DiätAssG) in die Heilmittel- und Hilfsmittel-Richtlinien zu entscheiden, [..]Diätassistenten rechtswidrig in ihrer Berufsfreiheit [beeinträchtigt]“.
Am 16.09.2005 hat der G-BA daraufhin ein Methodenbewertungsverfahren hinsichtlich der „Ambulanten Ernährungsberatung“ eingeleitet. In dem Verfahren wurde unter anderem der Nutzen und die medizinische Notwendigkeit der alleinigen Ernährungsberatung für verschiedene Krankheitsbilder bewertet (z.B. Adipositas, Diabetes mellitus Typ 2, Hypertonie, Niereninsuffizienz, onkologische Erkrankungen, angeborene Stoffwechselerkrankungen und Mukoviszidose).
Nach Abschluss dieser Bewertung ist der G-BA zu dem Zwischenergebnis gekommen, dass Nutzen und medizinische Notwendigkeit der Ernährungsberatung bei den seltenen angeborenen Stoffwechselerkrankungen und der Mukoviszidose nach gegenwärtigem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse belegt sind. Bei diesen Erkrankungen gilt eine Diättherapie als alternativlose medizinische Maßnahme, da ansonsten Tod oder schwere Behinderung drohen.
Im nächsten Schritt war dann zu entscheiden, ob die Ambulante Ernährungsberatung als Heilmittel in die Heilmittel-Richtlinie und den Heilmittel-Katalog aufgenommen wird. Hierzu hat der G-BA die Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der Ernährungsberatung in der vertragsärztlichen Versorgung als Heilmittel bei den Indikationen seltene angeborene Stoffwechselerkrankungen und Mukoviszidose bewertet. Nach Auffassung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Gesetzlichen Krankenversicherung ist die Ernährungsberatung auch weiterhin als ein notwendiger Bestandteil ärztlicher Leistung anzusehen und nicht in die Heilmittel-Richtlinie aufzunehmen.
Der Antrag der Patientenvertretung
Zum Abschluss des Bewertungsverfahrens, ist die Patientenvertretung hingegen zu der Überzeugung gelangt, dass die „Ambulante Ernährungsberatung“ für Patienten mit einer seltenen angeborenen Stoffwechselerkrankungen oder der Diagnose Mukoviszidose als verordnungsfähiges Heilmittel aufzunehmen ist. Sie hat daher einen entsprechenden Antrag gestellt, der auch qualitätssichernde Maßnahmen umfasst. Insbesondere soll die Ernährungsberatung von qualifizierten und fortgebildeten Diätassistenten erbracht werden, die eine enge Kooperation mit auf die Diagnostik und Behandlung von Patientinnen oder Patienten mit Mukoviszidose oder seltenen angeborenen Stoffwechselerkrankungen spezialisierten Einrichtungen und Fachärzten haben.
Bisher steht den Familien eine Ernährungsberatung lediglich in Spezialambulanzen zur Verfügung.
Die Patientenvertretung argumentiert, dass es jedoch Situationen gibt, in denen es diesen Erwachsenen, Kindern und deren Eltern möglich sein müsse, auch kurzfristig und wohnortnah eine ambulante Ernährungsberatung zu erhalten. So müssten z.B. Eltern mit Kleinkindern oder Säuglingen, noch unsicher im Umgang mit ihrem schwer chronisch kranken Kind, Ernährungsberatung in Anspruch nehmen können. An seltenen angeborenen Stoffwechselstörungen erkrankte Kinder mit fieberhaften Infekten bräuchten, in Abstimmung mit dem Facharzt, die schnell erreichbare Ernährungsberatung vor Ort, um die Ernährung an die aktuelle - und auch bedrohliche - Situation anzupassen. Auch Patientinnen, die schwanger sind, müssten kontinuierlich ihre Ernährung auf die besonderen Bedürfnisse in dieser Situation abstimmen.
Im Stellungnahmeverfahren ist der Antrag der Patientenvertretung von der ganz überwiegenden Mehrheit der Stellungnahmeberechtigten unterstützt worden.
Beschluss des G-BA und Teilbeanstandung des Bundesministeriums für Gesundheit
Am 22.01.2015 hat der G-BA den Antrag der Patientenvertretung, der von den unparteiischen Mitgliedern des G-BA unterstützt wurde, abgelehnt. Mehrheitlich wurde beschlossen, dass die ambulante Ernährungsberatung nicht in die Heilmittel-Richtlinie aufgenommen wird.
Mit Schreiben vom 30.11.2015 hat die Rechtsaufsicht des G-BA, das Bundesministerium für Gesundheit, diesen Beschluss in Hinblick auf die Nichtaufnahme bei seltenen angeborenen Stoffwechselerkrankungen und Mukoviszidose beanstandet. Der G-BA hat deshalb die Beratungen zur Aufnahme der Ernährungsberatung als Heilmittel in die Heilmittel-Richtlinie weiter fortgesetzt.
Erneute Beschlussfassung des G-BA
Am 16.03.2017 hat der G-BA für die Aufnahme der ambulanten Ernährungstherapie als Heilmittel bei seltenen angeborenen schweren Stoffwechselerkrankungen und Mukoviszidose gestimmt.
Qualifizierte
Therapeutinnen und Therapeuten können demnächst Betroffene und auch relevante
Bezugspersonen wohnortnah beraten. Bisher war dies nur in
Spezialambulanzen möglich. Aufgrund der Seltenheit und der Komplexität der
Erkrankungen obliegt die Verordnung des Heilmittels in der Regel Ärztinnen und
Ärzten, die auf diese Krankheiten spezialisiert sind.
Der G-BA prüft
nach drei Jahren, wie die Neuerungen in der Versorgung umgesetzt werden.
Die Änderung der Richtlinie tritt am 1. Januar 2018 in Kraft.